Stellungnahme zum Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG

 

Stellungnahme des
Tierschutzvereines Klosterneuburg Wien-Umgebung und des Tierschutzvereines Rettungsring Tierhilfe Österreich zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem […] das Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG)

Mit dem TVRÄG soll die EU-Richtlinie 2010/63 bis 10. November 2012 in nationales Recht umgesetzt werden, wobei strengere nationale Bestimmungen möglich sind, sofern diese bereits vor Oktober 2010 im Tierversuchsgesetz TVG existiert haben. Außerdem ist es möglich, die in der EU-Richtlinie 2010/63 genannten Aspekte im Rahmen der Umsetzung in nationales Recht so festzulegen, wie das der Gesetzgeber wünscht. Dazu gehört insbesondere das in der Richtlinie vorgeschriebene Genehmigungsverfahren für Tierversuchsprojekte.

Es sind daher alle bereits bestehenden strengeren Bestimmungen des TVG im Sinne des Tierschutzes beizubehalten. Österreich sollte sich seine Vorreiterrolle in Sachen Tierschutz bewusst sein.



1) Tierschutz in der Bundesverfassung

Tierschutz in der Verfassung zu verankern war eine Forderung des erfolgreichen Tierschutzvolksbegehrens von März 1996, das 460.000 Menschen unterschrieben haben. Am 27. Mai 2004 beschloss das Parlament einstimmig, die Regierung aufzufordern, die Zielbestimmung des Tierschutzgesetzes §1 in den Verfassungsrang zu erheben. Jetzt arbeitet wieder ein Unterausschuss des Verfassungsausschusses an diesem Thema. Die Umsetzung des neuen Tierversuchsgesetzes sollte daher im Paket mit der Installierung von Tierschutz in der Verfassung erfolgen.

Auch die Europäische Union hat erkannt, dass das Wohlergehen der Tiere als fühlende Wesen bei der Festlegung und Durchführung der Politik in einigen Bereichen in vollem Umfang zu berücksichtigen ist. Der Artikel 13 des Vertrages über die Arbeitsweise der Union regelt dies klar.

Es ist daher höchste Zeit, dass Österreich nicht anderen zivilisierten Staaten nachhinkt und die Forderung des Tierschutzvolksbegehrens nach 16 Jahren Verzögerungstaktik endlich umsetzt.

Dann kann die effektive Vollziehung tierversuchsrechtlicher Bestimmungen

abgesichert durch eine verfassungsrechtliche Festlegung des Rechtsgutes

„Tierschutz“ erfolgen und nicht mehr wie bisher durch das Grundrecht der

Wissenschaft- und Religionsfreiheit behindert werden.

Außerdem bestehen Mängel im Genehmigungsverfahren für Tierversuchsprojekte und

die Kontrollen der Projekte sind mangelhaft.

Dies ist einem Bericht des Rechnungshofes vom Jahr 2006 Seite 44 bis 50 zu lesen:

http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2006/berichte/teilberichte/bund/Bund_2006_09/Bund_2006_09_2.pdf

Das neue Tierversuchsgesetz muss also ein strenges Genehmigungsverfahren mit entsprechenden Kontrollen vorsehen:.

Es scheint daher auch entgegen den Wünschen der Industrie und der Landwirtschaftsgroßbetriebe ein dringender Handlungsbedarf zu bestehen.



2. Folgende Änderungen werden vorgeschlagen:

a. §1 (3) 3. des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz am Ende des Satzes anzufügen:

„oder auszuschalten“,

Begründung: Damit wird bekräftigt, dass die vollständige Vermeidung von Tierleid anzustreben ist.

b. §4 (1) erster Satz des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz sind die strengeren Bestimmungen des §3 (1) TVG anzuführen.

Begründung: §3 (1) TVG sieht vor, dass Tierversuche zu den angegebenen Zwecken nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie für die Erreichung dieser Zwecke „unerlässlich“ sind. Diese Qualifizierung fehlt im § 4(1) und ist daher als strengere Bestimmung des bisherigen Gesetzes anzufügen.



c. §4 (1) erster Satz des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz sind die strengeren Bestimmungen des §3 (2) TVG anzuführen.

Begründung: Laut §3 (2) 1. TVG dürfen Tierversuche nur durchgeführt werden, wenn ein „berechtigtes Interesse“ an ihnen besteht. Diese Qualifizierung fehlt in §4 (1) erster Satz des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz und ist daher als strengere Bestimmung des bisherigen Gesetzes anzufügen.

d. §4 (1) des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz ist eine Erweiterung der bisher nach §3 (2) 1. TVG angeführten zulässigen Zwecke von Tierversuchen. Daher ist hier das bisherige österreichische Gesetz im Sinne des Tierschutzes strenger und muss beibehalten werden. Im Einzelnen bedeutet das:

· Bei §4 (1) 2. a) sind „Verhütung“, „oder anderen Anomalien oder deren Folgen“ und „oder Pflanzen“ zu streichen,

· Bei §4 (1) 2. b) sind „Beurteilung“, „Regulierung“ und „oder Pflanzen“ zu streichen,

· §4 (1) 2. c) ist „und die Verbesserung der Produktionsbedingungen für die zu landwirtschaftlichen Zwecken aufgezogenen Tiere“ zu streichen,

· §4 (1) 5. Forschung zur Erhaltung der Arten ist ersatzlos zu streichen,

· §4 (1) 7. Forensische Untersuchungen ist ersatzlos zu streichen.



e. Wir begrüßen, dass der Entwurf zum neuen Tierversuchsgesetz nach §4 (2) 5. das bisherige absolute Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen, wie auch nach §38 (3) 1. das relative Verbot des LD-50 Tests und nach §4 (3) das relative Verbot von Tierversuchen für Kosmetika vom alten TVG übernimmt. Allerdings sind Verbesserungen des Entwurfs bzgl. Verboten von Tierversuchen vorzunehmen.



f. § 4 in Zusammenhang mit § 39 soll eine Verordnungsermächtigung zum Verbot gewisser Tierversuche vorsehen.

Dazu sollte gleichzeitig mit dem neuen Tierversuchsgesetz eine Verordnung erlassen werden, die das Verbot des LD-50 Tests erweitert und zusätzlich obsolete Tierversuchsmethoden verbietet, wie :

· Ein Verbot aller Tierversuche zur Bestimmung von letalen Dosen, inklusive der approximativen letalen Dosen

· Ein Verbot des Pyrogentests

· Ein Verbot des Draize Tests



Begründung: Nach §3 (4) TVG gab es bisher eine Verordnungsermächtigung für das Wissenschaftsministerium, gewisse Methoden für Tierversuche zu verbieten. Artikel 13 (1) der EU-Richtlinie 2010/63 erlaubt den Mitgliedsstaaten explizit, gewisse Methoden von Tierversuchen zu verbieten. Es ist daher im neuen Tierversuchsgesetz in §4 in Zusammenhang mit §39 weiterhin eine Verordnungsermächtigung zum Verbot gewisser Tierversuchsmethoden vorzusehen.





g. §4 (4) zweiter Satz und lit. 1 und 2 streichen

(4) Tierversuche, die starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursachen, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können sind grundsätzlich verboten. Ausnahmen dürfen nur gewährt werden, wenn:

1. dies aus wissenschaftlich berechtigten Gründen erforderlich ist und

2. keine nichtmenschlichen Primaten gemäß § 12 verwendet werden sollen.

Begründung: Tierversuche, die starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursachen sollen auch verboten bleiben. Abs 4 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz sieht im Entwurf aber unter einigen Ausnahmebestimmungen die Genehmigung für derartige Tierversuche vor.

„Grundsätzlich“ und die Ausnahmenbestimmungen sind zu streichen.

In der tierethischen Diskussion ist allgemein anerkannt, dass es eine absolute Obergrenze für das Leid geben muss, das man einem Tier im Tierversuch zumuten kann (siehe z.B. Birnbacher D 2009: Absolute oder relative ethische Grenzen der Leidenszufügung bei Versuchstieren?, in „Der ethisch vertretbare Tierversuch“, herausgeg. von Borchers D und Luy J, Paderborn: Mentis, Seiten 113ff). Eine wissenschaftliche Studie hat gezeigt, dass schweres Leid für die Versuchstiere, insbesondere wenn es länger andauert, die Verlässlichkeit der Versuchsergebnisse stark beeinträchtigt (Lindl T et al 2005: „Tierversuche in der biomedizinischen Forschung“, ALTEX 22, 143-151). Nach Artikel 55 (3) der EU-Richtlinie 2010/63 wird es den Mitgliedsstaaten explizit erlaubt, Tierversuche, die schweres Leid verursachen, das lange andauert, absolut zu verbieten.

h. § 5(1)(13) ist neu hinzuzufügen:

§ 5(1)(13) Die Ergebnisse der genehmigten Tierversuche sind von der für die Durchführung der Tierversuche ermächtigten Stelle in einer effizienten und frei zugängigen Datenbank einzutragen.

Begründung: §3 (3) a) und d) TVG sowie §4 (2) 1. und 4. des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz normieren, dass Tierversuche verboten sind, wenn sie nur bereits durchgeführte Tierversuche wiederholen. Um diese Feststellung zu ermöglichen, ist es erforderlich, eine intelligente Datenbank zu erstellen, aus der rasch und effizient ersichtlich ist, welcher Tierversuch bereits stattgefunden hat. Diese Datenbank ist dann nicht nur den WissenschaftlerInnen sondern auch der Genehmigungsbehörde bzw. deren Kommission sowie der Öffentlichkeit frei zur Verfügung zu stellen.

Eine entsprechende Textierung könnte auch in § 29 untergebracht werden.

i. §7 „Betäubungsmethoden“

Die Regelungen der Artikel 14(4) und (5) der EU-Richtlinie 2010/63 sind aufzunehmen.

Begründung: §7 „Betäubungsmethoden“ des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz lässt Artikel 14 (4) und (5) der EU-Richtlinie 2010/63 unbeachtet. Dort wird normiert, dass Versuchstiere sowohl präventive als auch postoperative Schmerzbehandlung erhalten sollen und nach Ende des Tierversuchs in jedem Fall das Leiden der Tiere auf ein Minimum reduziert werden muss. Diese beiden Bestimmungen müssen daher in §7 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz noch angefügt werden.



j. §9 (1) erste Zeile das Wort „dürfen“ durch das Wort „sollen“ ersetzt werden.

Begründung:

§9 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz soll Artikel 19 der EU-Richtlinie 2010/63 umsetzen, ist dafür aber nicht ausreichend. §9 erlaubt nämlich lediglich Tierversuchseinrichtungen, bereits verwendete Versuchstiere unter bestimmten Bedingungen in private Pflege zu entlassen. Das geschieht aber sowieso bereits im gewissen Umfang in Österreich. Artikel 19 der EU-Richtlinie 2010/63 ist aber dafür gedacht, diese Rehabilitation zu fördern und nach Möglichkeit zum Normalfall zu machen.

Die Tierversuchseinrichtungen sollen dazu angehalten werden, nach Möglichkeit die bereits verwendeten Versuchstiere zu rehabilitieren. §6 Tierschutzgesetz und §222 (3) StGB verbieten das Töten von Tieren bzw. Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund. Daher sind Versuchstiere, die nach einem Versuch nach Artikel 19 der EU-Richtlinie 2010/63 rehabilitierbar sind, in private Pflege zu übergeben. Das neue Tierversuchsgesetz muss eine entsprechende Regelung enthalten und die Tierversuchseinrichtungen dazu verpflichten, diese Rehabilitation in größtmöglichem Ausmaß auch wirklich durchzuführen.



k. §12 (3) des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz ist daher ersatzlos zu streichen.

Begründung: §12 (3) des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz erweitert die zulässigen Tierversuche an Primaten um genau jene, die laut Artikel 55 (1) der EU-Richtlinie 2010/63 von den Mitgliedsstaaten verboten werden können, nämlich Tierversuche an Primaten zum Schutz von Tieren oder Pflanzen.



l. § 18 Abs. 2 lit. 4, streichen

4. Tötung von Tieren.

Begründung: die Tötung von Tieren soll im Sinne des Tierschutzes nur von Tierärzten durchgeführt werden dürfen.

m. § 20 Abs. 5, Aufbewahrungsfrist ändern

(5) Die Aufzeichnungen zu allen Empfehlungen des Tierschutzgremiums und zu allen Entscheidungen, die im Hinblick auf diese Empfehlungen getroffen wurden, sind zumindest fünf Jahre aufzubewahren und in dieser Zeit der zuständigen Behörde auf Anfrage vorzulegen.

Begründung: Aufbewahrungsfristen von Dokumenten sollten einheitlich sein - § 21 Abs. 2 fünf Jahre oder wie z.B für Steuerunterlagen sieben Jahre betragen.



n. § 22 Abs. 3 erster Satz, Aufbewahrungsfrist ändern

(3) Die Informationen gemäß Abs. 1 und 2 sind nach dem Tod oder der privaten Unterbringung des Tieres mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

Begründung: Aufbewahrungsfristen von Dokumenten sollten einheitlich sein - § 21 Abs. 2 fünf Jahre oder wie z.B für Steuerunterlagen sieben Jahre betragen.

o. § 23 Abs. 3, Aufbewahrungsfrist angleichen

(3) Die Informationen gemäß Abs. 1 und 2 sind nach dem Tod oder der privaten Unterbringung des Tieres mindestens fünfr Jahre lang aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Im Fall einer privaten Unterbringung sind dem Tier relevante Informationen über veterinärmedizinische Versorgung und Sozialverhalten aus der in Abs. 2 genannten Akte über dessen Werdegang mitzugeben.

Begründung: Aufbewahrungsfristen von Dokumenten sollten einheitlich sein - § 21 Abs. 2 fünf Jahre.

p. § 25 Abs. Abs. 6, zweiter Satz, ändern

Dabei darf der Widerruf der Genehmigung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere haben, die in dem Projekt verwendet werden oder verwendet werden sollen.

Bei einem Widerruf der Genehmigung hat die zuständige Behörde für das Wohlergehen der Tiere Sorge zu tragen.

Begründung: Im § 26 soll im Falle eines Widerrufes der Bewilligung wie beim Widerrufe einer Genehmigung nach § 16 vorgegangen werden. Text von Abs. 3 letzter Satz verwenden.

q. § 26 (1)(4) Vorschreiben eines Evaluierungskatalogs zur Schaden-Nutzen Abwägung hinzu füge (4) Die Projektbeurteilung basiert anhand eines vom Antragsteller ausgefüllten Fragenkataloges. Der Inhalt des Evaluierungskatalog wird von der zuständigen Behörde in einer gemäß § 39(1) erlassenen Verordnung festzuhalten.



Begründung: §26 „Projektbeurteilung“ des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz muss die Vorschrift enthalten, dass die Beurteilung jedes beantragten Tierversuchsprojekts anhand eines Fragenkatalogs zu erfolgen hat, dessen Ergebnis bindend ist und nicht nur als Leitfaden oder Abwägugshilfe für die Behörden dient. Der Evaluierungskatalog selbst kann im Rahmen einer Verordnung festgelegt werden. Eine Fachstelle am Messerli-Institut in Wien, das sich bereits seit geraumer Zeit mit der Erarbeitung eines solchen Fragenkatalogs befasst, soll mit der Entwicklung und Überprüfung dieses Katalogs beauftragt werden.

r. § 26(3) erster Satz abändern:

(3) Bei der Die Durchführung der Projektbeurteilung hat die zuständige Behörde transparent und unparteiisch zu erfolgen, dazu sind insbesondere hinsichtlich der folgenden Bereichen unabhängige Sachverständige einzubinden:



Begründung: In §26 (3) des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz ist nur von „unabhängigen“ Sachverständigen die Rede, die von der Behörde bei der Projektbeurteilung einzubinden sind. Artikel 38 (4) der EU-Richtlinie 2010/63 spricht darüber hinaus davon, dass die Projektbeurteilung „transparent“ und „unparteiisch“ zu erfolgen habe. Daher ist der erste Satz von §26 (3) des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz um die Qualifizierung zu erweitern, dass die Projektbeurteilung transparent und unparteiisch erfolgen muss.



s. „§ 27 (1) erste Zeile ändern, Abs. (1) lit. 1., 2. und 3. Und Abs. 2 streichen, Abs 3(4) (5) hinzufügen

§ 27. (1) Eine rückblickende Bewertung ist jedenfalls bei allen Tierversuchsprojekten durchzuführen, wenn

1. die zuständige Behörde, dies in ihrer Projektbeurteilung gemäß § 26 Abs. 2 Z 6 ausspricht oder

2. Projekte, die Verwendung nichtmenschlicher Primaten vorsehen oder

3. Projekte, als „schwer“ (§ 2 Abs. 2 Z 4) eingestufte Tierversuche umfassen.

(2) Für Projekte, die ausschließlich als „gering“ (§ 2 Abs. 2 Z 2) oder „keine Wiederherstellung der Lebensfunktion“ (§ 2 Abs. 2 Z 1) eingestufte Tierversuche umfassen, ist keine rückblickende Bewertung erforderlich.

(3)

4. zu überprüfen, ob ein direkter Zusammenhang der Ergebnisse der Tierversuche und deren Auswirkung auf Menschen nachgewiesen werden konnte,

5. ob die nach § 29 veröffentlichen Projektzusammenfassungen abgeändert werden müssen.





Begründung: Der in §27 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz vorgesehene Teil aller Tierversuchsprojekte, der letztendlich einer rückblickenden Bewertung unterliegen soll, ist viel zu klein. Selbst der Rechnungshofbericht von 2006 Seite 48, siehe oben, empfiehlt eine rückblickende Bewertung der Tierversuche. Nur so lassen sich ein etwaig fehlerhaftes Genehmigungsverfahren oder ein mangelhafter Evaluierungskatalog oder aber auch ein falsch eingereichter Genehmigungsantrag korrigieren. Deshalb muss §27 eine rückblickende Bewertung für ausnahmslos alle Tierversuchsprojekte, die eine positive Projektbeurteilung bekamen, vorsehen. Natürlich müssen die nach §29 veröffentlichten Projektzusammenfassungen nach den Ergebnissen der rückblickenden Bewertung adaptiert werden.

Warum ist diese Kontrolle so wichtig.

Laut Tierschutzgesetz sind Tierversuche auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Wer in der Forschung Tiere einsetzt, soll genau begründen, weshalb deren Einsatz nötig ist. Wir Tierschutzorganisationen kritisieren aber seit Jahren, dass die Bewilligungsbehörden den Forschern gegenüber nicht streng genug seien. Mehrere politisch unverdächtige Studien haben in den letzten Jahren den grundsätzlichen Stellenwert von Tierversuchen relativiert. So kommt etwa die «US-Food and Drug Administration» zum Schluss, dass die Effizienz der Tierversuche, aus denen letztlich neue Medikamente entwickelt werden sollen, derzeit unter 10 Prozent liegt. Welche Ergebnisse Tierversuche tatsächlich erbringen, ist bis heute noch nicht ausreichend erforscht.

Deshalb wollte Dr. Toni Lindl, Professor am Münchener Institut für angewandte Zellkultur, anhand den in der Schweiz zwischen 2001 und 2004 bewilligten und seither abgeschlossenen Versuche, des für die Tiere besonders belastenden Schweregrads 3 eine Erfolgskontrolle vornehmen. Lindl hat vor ein paar Jahren ein vergleichbares Projekt an drei bayrischen Universitäten durchgeführt. Dabei ging es ausschließlich darum, festzustellen, ob die Wissenschafter das in den Bewilligungsanträgen selber postulierte Versuchsziel erreichen konnten.

Ergebnis der Studie - Nutzen von Tierversuchen ist bescheiden

Analysiert wurden die von den Forschern verfassten Publikationen, die Zitierung ihrer Resultate in weiteren Forschungen, Patenten, Verträgen oder klinischen Studien. Lindls Befund war ernüchternd: Nur rund 30 Prozent der Versuche hielten den von den Forschern formulierten Erwartungen stand – gar nur bei 4 Prozent konnte ein direkter Zusammenhang zwischen Befunden aus Tierversuchen und Menschen gefunden werden.

Auch die Schweizer Behörden haben leider vorerst eine rückblickende Evaluierung der bewilligten Tierversuche des Schweregrads 3 abgelehnt. Es besteht der Verdacht, dass aus Angst vor dem möglichen Ergebnis die Behörden eine Erfolgskontrolle, wie sie sonst überall üblich ist, bei Tierversuchen offenbar einfach nicht wollen.

Daher soll die rückblickende Bewertung als eine Erfolgskontrolle von Tierversuchen in der Forschung auch in Österreich für alle Tierversuchsprojekte durchgeführt werden. Wenn sich im Rahmen der Betrachtung herausstellt, dass die Projektziele nicht erreicht wurden, sowie kein direkter Zusammenhang der Ergebnisse aus den Tierversuchen und der Auswirkungen auf Menschen nachgewiesen werden kann, dann sind solche Versuche nicht mehr zu genehmigen.

t. §28 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz ist zu streichen.

Begründung: Artikel 42 der EU-Richtlinie 2010/63 ermöglicht den Mitgliedsstaaten, das sogenannte vereinfachte Verwaltungsverfahren, also Tierversuche ohne Genehmigungsverfahren durchführen zu dürfen, vollständig auszuschließen. Da auch nach bewährten Methoden durchgeführten Tierversuchen durchaus die Genehmigung versagt werden können sollte, müssen alle Tierversuchsprojekte einer Genehmigungspflicht unterliegen. Insofern ist §28 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz zu streichen. In jedem Fall ist das vereinfachte Verwaltungsverfahren nach Artikel 42 der EU-Richtlinie 2010/63 nur für Tierversuche vorgesehen, die auf Verordnungsebene „erforderlich“ sind. §28 (1) 3. des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz hat an dieser Stelle fälschlicher Weise das Wort „vorgesehen“ stehen.



u. § 29 Abs 1 hinzu fügen, Abs (2)(4) neu und Abs (3) ändern

§ 29. (1) Die zuständigen Behörden haben nichttechnische Projektzusammenfassungen von genehmigten und positiv beurteilten Projekten unter der gemäß § 39 Abs. 1 Z 5 festgelegten Internetadresse zu veröffentlichen und insbesondere bei rückblickenden Bewertungen (§ 27) zu aktualisieren, wobei die Vorschriften des Immaterialgüterrechts zu beachten sind. 2) Nichttechnische Projektzusammenfassungen haben zu enthalten:

(2)(4) eine Beschreibung des Tierversuchsablaufs,

(3) Verwender, deren Projekte nach diesem Abschnitt genehmigt wurden, haben alle wesentlichen Unterlagen, insbesondere die Genehmigung und das Ergebnis der Projektbeurteilung (§ 26), mindestens fünf Jahre nach Ablauf der Geltungsdauer der Genehmigung aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Die Unterlagen von Projekten, die einer rückblickenden Bewertung (§ 27) unterliegen, sind jedenfalls bis zum Abschluss der rückblickenden Bewertung aufzubewahren.



Begründung: §29 „Information der Öffentlichkeit und Dokumentation“ des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz dient der Transparenz der Genehmigungsverfahren und der öffentlichen Kontrolle, wie von Artikel 43 der EU-Richtlinie 2010/63 vorgeschrieben. Daher sollte spezifiziert werden, dass nicht nur die genehmigten Projekte, sondern alle positiv beurteilten Projekte, in Form von nichttechnischen Projektzusammenfassungen veröffentlicht werden müssen. Jedes einzelne Tierversuchsprojekt ist also ohne Ausnahme zu veröffentlichen. Zusätzlich ist festzuhalten, dass die nichttechnischen Projektzusammenfassungen eine Beschreibung des Tierversuchsablaufs zu enthalten haben, um der Öffentlichkeit eine von der Einschätzung derjenigen Personen, die die Tierversuche durchführen werden, unabhängige Beurteilung zu ermöglichen!

Die Aufbewahrungsfrist von Daten ist mit 3 Jahren zu kurz bemessen und sollte zumindest einheitlich fünf Jahre sein oder wie z.B für Steuerunterlagen sieben Jahre betragen.







v. § 30(3) Kontrollen der Tierversuchseinrichtungen Einschränkung streichen

(3) Auf der Grundlage der Risikoanalyse gemäß Abs. 2 sind jährlich bei mindestens einem Drittel der Verwender Inspektionen durchzuführen. Bei Züchtern, Lieferanten und Verwendern von nichtmenschlichen Primaten sind mindestens einmal jährlich Inspektionen durchzuführen.

Begründung: Nach §30 „Inspektionen durch die zuständigen Behörden“ des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz muss nur noch jährlich ein Drittel aller Tierversuchseinrichtungen kontrolliert werden, und das nicht einmal unangemeldet. Das ist eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Gesetz §12 (5) TVG, nach dem jede Tierversuchseinrichtung mindestens einmal jährlich unangemeldet zu kontrollieren ist. Die strengere Bestimmung des bisherigen TVG ist daher beizubehalten.

w. § 30 Abs. 5, letzter Satz, ergänzen

Dabei darf die gänzliche oder teilweise Schließung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlergehen der davon betroffenen Tiere haben und die zuständige Behörde für das Wohlergehen der Tiere Sorge zu tragen.

Begründung: Im § 26 soll im Falle eines Widerrufes der Bewilligung wie beim Widerrufe einer Genehmigung nach § 16 vorgegangen werden. Text von Abs. 3 letzter Satz.

x. § 34 Abs. 1 ergänzen

§ 34. (1) Die zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes berufenen Bundesministerinnen und Bundesminister haben nach Maßgabe des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes unter Bedachtnahme auf den Stand der Wissenschaft die Ausarbeitung anderer Methoden und Verfahren (Ersatzmethoden) im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 2 sowie die Information darüber zu fördern. Dafür ist ein unparteiisches Zentrum zur Erforschung und Evaluierung von Alternativen zum Tierversuch zu etablieren. Dabei soll angestrebt werden, wissenschaftlich aussagefähige Ersatzmethoden zu entwickeln, die eine Verringerung der Anzahl oder der Belastung der Versuchstiere ermöglichen oder Tierversuche überhaupt entbehrlich machen.

Begründung:

Eine frühere Version der EU-Richtlinie 2010/63 enthielt die Vorschrift, dass jeder Mitgliedsstaat ein Referenzlabor zur Entwicklung und Validierung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch einrichten muss. Artikel 47 der EU-Richtlinie 2010/63 wurde diesbezüglich verwässert. Der entsprechende §17 TVG findet in §34 (1) des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz seine Entsprechung. Hier sollte Österreich mit Vorbildwirkung voranschreiten und die Gründung eines eigenen Zentrums zur Entwicklung von Ersatzmethoden zum Tierversuch in §34 vorschreiben, sowie mit einem ausreichenden Budget versehen, sodass es auch Evaluierungen derartiger Methoden durchführen kann. In Österreich gibt es momentan zwei Arbeitsgruppen, die das mit einem ausnehmend geringen Budget durchführen müssen, nämlich das ZET in OÖ und eine Gruppe am Institut für Physiologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Mit Hilfe dieser beiden Arbeitsgruppen ließe sich dieses Zentrum aufbauen.

s. §39 Verordnungen

§ 39 des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz sieht eine Reihe von Verordnungen vor, die gleichzeitig mit dem neuen Tierversuchsgesetz erlassen werden müssen. Diese Verordnungen liegen aber noch nicht zur Begutachtung vor. Insbesondere die Verordnung von §39 (1) 5. des Entwurfs zum Tierversuchsgesetz muss spezifizieren, dass die nichttechnische Projektbeschreibung, die veröffentlicht wird, ausreichend detailliert durchgeführt wird, um eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit zu ermöglichen. Bei der nichttechnischen Projektbeschreibung, die veröffentlicht wird, müssen alle Punkte von Anhang VI der EU-Richtlinie 2010/63 ausgeführt werden.



t. § 39(1)(7) neu

(7) Einen Evaluierungskatalog der die maßgeblichen Kriterien für die Projetbeurteilung eines beantragten Tierversuchsprojektes festlegt

Begründung: dieser Katalog soll die Grundlage für die Projektbeurteilung gemäß § 26(4)(1) darstellen.

u. § 30 Es sollte eine Versuchstier-Ombudsschaft eingerichtet werden.

Begründung: Leider besteht auch im Tierversuchsbereich, genauso wie im Bereich des Tierschutzgesetzes, sowohl ein Kontroll- als auch ein Vollzugsdefizit. Im Tierschutzgesetz wurde deshalb im Jahr 2005 mit §41 eine Tierschutz-Ombudsschaft eingeführt, die sich sehr bewährt hat. Diese Tierschutz-Ombudsschaft ist weisungsfrei, wird für 5 Jahre bestellt, hat in allen Verwaltungsverfahren und Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierschutzrecht Parteienstellung und kann Entscheidungen jeweils in eine höhere Ebene beeinspruchen. Ferner muss sie alle 2 Jahre einen Tierschutzbericht für das jeweilige Bundesland verfassen. Analoges sollte jetzt auch im Tierversuchsrecht gelten, das ja nur durch historischen Zufall aus dem Tierschutzrecht ausgenommen wurde. Entweder die Tierschutz-Ombudsschaften werden auch für das Tierversuchsrecht zuständig oder es werden eigene Versuchstier-Ombudsschaften zu installieren sein. Diese Versuchstier-Ombudsschaften müssen bei allen Verfahren nach dem Tierversuchsrecht, insbesondere bei allen Genehmigungsverfahren und allen Verwaltungsstrafverfahren bei Übertretung des Tierversuchsgesetzes, Parteienstellung bekommen und so auch bei erfolgten Genehmigungen von Tierversuchsprojekten ein Einspruchsrecht zur höheren Instanz haben. Die Etablierung der Versuchstier-Ombudsschaften könnte entweder in §30/31 oder in einem eigenen Paragraphen festgelegt werden.



y. Strafbestimmungen, Strafausmaß ändern

Für diverse Übertretungen sollten daher eine Mindestbestrafung und ein weitaus höhere Strafe angesetzt werden.

Das sind § 35. (1)

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde bei vorsätzlicher Begehung mit

Geldstrafe von mindestens 3 600 EURO bis zu höchstens 14 520 Euro, bei fahrlässiger Begehung mit

Geldstrafe von mindestens 1800 EURO bis zu höchstens 7 200 Euro zu bestrafen.

(2)

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist bei vorsätzlicher Begehung mit Geldstrafe von mindestens 1800 EURO bis zu höchstens 7 200 Euro, bei fahrlässiger Begehung mit Geldstrafe von mindestens 900 EURO bis zu höchstens 3 600 Euro zu bestrafen.

Begründung: Das Strafausmaß für Vergehen gegen die Bestimmungen des Gesetzes sind so gering, dass keine abschreckende Wirkung gegen einen Verstoß besteht. Wenn man bedenkt, wie hoch dagegen das Strafausmaß bei manchen Eigentumsdelikten ist, kann man erkennen, wie gering offensichtlich der gesellschaftliche Wert des Tierschutzes ist.

Es soll deshalb eine Mindeststrafe festgelegt werden, dass nicht gemäß § 21 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) von einer Bestrafung abgesehen werden kann.



Umfangreichere Informationen speziell zu den Mängel in Beurteilungs- und Kontrollsystem sind in der von unserem Verein unterstützten Stellungnahme des Vereins Gegen Tierfabriken zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem […] das Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) v0m 21. Juli 2012 angeführt.



Klosterneuburg, am 7. August 2012

Lucie Loubé

Präsidentin des Tierschutzvereines Klosterneuburg Wien-Umgebung

Vizepräsidentin des Tierschutzvereines Rettungsring Tierhilfe Österreich

Christine Schiller

Vizepräsidentin des Tierschutzvereines Klosterneuburg Wien-Umgebung

Präsidentin des Tierschutzvereines Rettungsring Tierhilfe Österreich





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